Tagung 2023
«Der Beitrag der Freiwilligenarbeit zur Kohäsion von Bundestaat und Gesellschaft»

Der Beitrag der Freiwilligenarbeit zur Kohäsion von Bundestaat und Gesellschaft. Eine Betrachtung der Wirkung und Aufgabe von Freiwilligenarbeit angesichts von 175 Jahre Bundesverfassung


Einführung

Diesen Herbst wird das Jubiläum der Bundesverfassung und damit des Bundesstaates der Schweiz, wie wir ihn mit stetigen Weiterentwicklungen seit 175 Jahren kennen, gefeiert. Dabei feiern wir auch die Strukturen und das politische System, welche dieses Erfolgsmodell ausmachen: Den Föderalismus und die direkte Teilhabe und Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern. Kurz gesagt: Diese Instrumente geben den Regionen und Gemeinden Gestaltungskraft, fordert aber auch Mitgestaltung ein.

Das Schweizer Milizsystem ist Ausdruck dieses Schweizer Selbstverständnisses: Ehrenamtliches Engagement für das Gemeinwesen.

Was das Milizsystem im Politischen, ist die Freiwilligenarbeit im Gesamtgesellschaftlichen; sie sichert die soziale Kohäsion der Schweiz, sie hält die Schweiz zusammen. In allen Sprachregionen, mit Wirkung auf lokaler Ebene, aber auch regional, national, bis hin zu international.

Die Tagung fragt deshalb dieses Jahr: Wie trägt die Freiwilligenarbeit zum Zusammenhalt und Funktionieren der Schweiz bei? Nicht nur in den Zentren, sondern sprach- und kulturübergreifend. Welche Wirkung soll die Freiwilligenarbeit erzielen? Den Vereinen und NGOs nützen? Der Selbstverwirklichung von engagierten Bürgerinnen und Bürgern? Oder zeigt sich ihre Wirkung und Qualität nicht vielmehr – und damit kommen wir auf die 175 Jahre alte Bundesverfassung zurück – «dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl Schwachen», dass Freiwilligenarbeit aus dem Willen geschieht, zur Verbesserung der Menschen im Land beizutragen?

Aus diesem Grund gehen Workshops der Messbarkeit von Wirkung und Qualität von Freiwilligenarbeit nach, berücksichtigt die stetig wachsende Mobilität, aber auch die demographische Entwicklung und die Frage, wem sie dienen soll.

ABLAUF

9:00

Check-in und Kaffee

9:30

Begrüssung: Francesca Albanello, Präsidentin Dachverband Intermundo

Einführung Tagung: Moderation Intermundo (DE/FR/IT)

9:45

Inputreferat 1: Dissonanz im Dreiklang? (de)
Theres Arnet-Vanoni, Zug. Präsidentin benevol Schweiz.

Ein Erfolgsfaktor für unsere prosperierende Schweiz ist seit langem das partnerschaftliche Zusammenspiel von Zivilgesellschaft, Staat und Wirtschaft. Während diese Kooperationen auf lokaler, kommunaler Ebene meist gut funktionieren, stiehlt sich der Staat auf Bundesebene und auch in vielen Kantonen aus der Verantwortung. Eine Verantwortung, auf der unsere Bundesverfassung baut und die Voraussetzung für unsere Freiheit ist.


Inputreferat 2: Freiwilligenarbeit im Zwielicht: Gründe für ihre Unterstützung und Misstrauen (fr)

Marc-Henry Soulet, Professeur émérite de sociologie, Université de Fribourg

Die Freiwilligenarbeit ist, ebenso wie das Vereinsleben, für die Dynamik der modernen Gesellschaften lebenswichtig. Sie ist durch das Engagement der Einzelnen, ihre Interessen und Werte am Leben zu erhalten und zu verteidigen, eines der Fermente der Demokratie und der Entfernung von der Tyrannei. Sie ist ein bürgerlicher Beitrag zum Zusammenleben durch den Schwung zum anderen und die Überwindung des Egoismus, die sie kennzeichnet, und sie ist eine der Säulen der Subsidiarität, auf der das politische Leben der Schweiz beruht. Die Freiwilligenarbeit darf jedoch nicht sich selbst überlassen bleiben, sondern muss unterstützt und begleitet werden. Einerseits kann sie nicht an die Stelle öffentlicher Maßnahmen treten. Zwar ergänzt sie diese und löst sie manchmal ab, doch kann sie sich nicht allein auf den guten Willen der Personen verlassen, die sie leiten. Sie muss sich auf Multiplikatoren und Ressourcen verlassen können. Andererseits darf der Wunsch, das Gute für andere zu tun und sich dafür einzusetzen, nicht dazu führen, dass man das Gute für andere will. Hier wird schnell ein Schritt übersprungen, der mit Vorsicht zu genießen ist, da sonst die Gefahr besteht, dass die Patronagedamen und Wohltäter von gestern wieder auferstehen. Paradoxerweise setzt Freiwilligenarbeit Erziehung und Betreuung voraus, damit der Impuls, sich auf andere einzulassen, nicht zu einem Griff nach dem anderen wird.

10:30Pause (30 Minuten)

11:00

Inputreferat 3: Formen des sozialen Engagements (it)

Paola Solcà, Docente e ricercatrice senior
Responsabile del corso di Laurea in Lavoro sociale
Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana

Heute ist die gemeinsame Planung verschiedener lokaler Akteure für die Entwicklung innovativer Projekte in verschiedenen Bereichen (Soziales, Umwelt, Kultur, Freizeit usw.) von entscheidender Bedeutung. Das Konzept der Wohlfahrtsgemeinschaften birgt das Potenzial für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen, Organisationen der Zivilgesellschaft und Bürgern.

11:20

Paneldiskussion mit den drei ReferentInnen

11:45Gespräch zum Mittag: Zur Freiwilligenarbeit angesichts demographischer Entwicklung: Welche Freiwilligen wollen wir uns leisten?

Takashi Sugimoto ist Co-Redaktionsleiter von «The Philanthropist». Er schreibt regelmässig über den Philanthropie-Sektor, freiwilliges Engagement und die Rollen der verschiedenen Akteure in unserer Gesellschaft.

Mit dem demographischen Wandel werden sich die Bedeutung der und die Anforderungen an die Care-Arbeit in unserer Gesellschaft verändern. Doch wie soll die Aufteilung zwischen bezahlter und freiwilliger Care-Arbeit sein? Hat Care-Arbeit die gesellschaftliche Bedeutung, die ihr gebührt oder wird sie immer erst im Anschluss diskutiert, wenn wir den demographischen Wandel festgestellt, wenn sich Familienmodelle verändert und sich der Mangel an Fachkräften manifestiert hat?

12:10

Mittag

13:30

Beginn des Nachmittagprogramms: Workshops

Beschreibung der Workshops:

W1: Von der Freiwilligenarbeit zur Mitgestaltung - Diskussion anhand von Beispielen aus der Stadt Bern (de)
Freiwilligenarbeit ist in vielerlei Hinsicht ein wichtiger Beitrag zu einer lebendigen Stadt. In den letzten Jahren sind gerade in Städten neue Formen der Kooperation zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft entstanden. Der Workshop fokussiert auf die Eigeninitiative: weshalb sollte eine Stadt Eigeninitiative der Bevölkerung fördern und wie kann sie dies tun? Anhand von konkreten Beispielen werden verschiedene Formen aufgezeigt, das Engagement von Quartiergruppen, Kindern und Jugendlichen zu unterstützen.

Leitung: Barbara Schmitt, Projektleiterin Soziokultur und Quartier Bern

W2: Verzahnung von Zivilgesellschaft, Wirtschaft und öffentlicher Hand (de)
Welches Potential bietet der trisektorale Ansatz (Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand, Zivilgesellschaft und Wirtschaft) in der Freiwilligenarbeit? Wo liegen die Herausforderungen der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit? Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem von der SGG geförderte Projekt «engagement-lokal»

Leitung: Sonja Kubat, Wissenschaftliche Mitarbeiterin ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Departement Soziale Arbeit

W3: Qualitätssicherung in Freiwilligenarbeit (de)
Anhand des Qualitäts-Label von Intermundo wird aufgezeigt, welche Wirkung Qualitätssicherung in der Freiwilligenarbeit haben kann. Was aber bedeutet Qualitätssicherung in der Freiwilligenarbeit? Wir stellen unsere Freiwilligenarbeit qualitativ auf die gleiche Ebene wie bezahlte Arbeit. Weg vom Image «handgestrickt, laienhaft», hin zu qualitativ hochstehender Arbeit. Die Wirkung nach aussen wird jedoch nur erreicht, wenn dies auch entsprechend nach aussen sichtbar gemacht bzw. kommuniziert wird.

Leitung: Ursula Gervasi, Former Member of the Board of Intermundo

W4: Unterstützung von Freiwilligen* aus dem Ausland in Schweizer Projekten (de)
Ein interaktives Experiment erwartet Sie mit anschliessender Diskussion zum Thema Freiwilligenarbeit in der Schweiz und Interkulturalität.

Leitung: Francesca Albanello und Hannah Egger, Service Civil International

W5: Freiwilligenarbeit angesichts demographischer Entwicklung – Care-Arbeit in der Zukunft (de)
Vertiefung zum Input-Gespräch am Vormittag.

Leitung: Takashi Sugimoto, Co-redaktionsleiter «The Philanthropist»

W6: La semaine du bénévolat (fr)
Une trentaine d’associations ouvrent leurs portes au grand public pour mettre en valeur la diversité des activités bénévoles et donner envie à chacun.e de s’engager.

Présentation du projet, mise en œuvre, coordination et résultats, partage de bonnes pratiques pour la promotion du bénévolat et le recrutement de bénévoles,
echanges et réflexions autour des possibilités de duplication du projet dans d’autres communes suisses.

Manuel d’atélier : Anna Perrenoud et Florence Shih, cheffes de projet de la Semaine du Bénévolat, Bénévolat Vaud

W7: Welfare community : du concept à l'action (fr/it)
L'atelier clarifie l'approche communautaire et propose quelques exemples concrets de projets innovants auxquels ont participé plusieurs entités (associations, bénévoles, villes et autres partenaires publics).

Manuel d’atélier: Paola Solcà, Docente e ricercatrice senior, responsabile del corso di Laurea in Lavoro sociale, Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana

W8: Förderung Freiwilligenarbeit aus Sicht einer Gemeinde/Stadt (de)
Wie geht die Stadt Kloten mit Thema Freiwilligenarbeit um. Wie sieht die politische Verankerung aus? Welche Instrumente sind im Einsatz? Welche Handlungsfelder stecken dahinter? Best Practice Modelle und Ansätze aus dem Alltag.

Isabelle Ehlers, Geschäftsführerin Verein freiwillig@kloten
Jean-Luc Kühnis, Drehscheibe Bevölkerung AKKU Stadt Kloten

W9: Les citoyens et les citoyennes au service de la nature dans les Alpes vaudoises avec Alpes vivantes (fr)
Des actions concrètes de mise en valeur de la nature sont organisées au sein de l’association régionale d'utilité publique Alpes vivantes. Il s’agit d’agir ensemble dans le cadre de chantiers d'écovolontariat, de projets de science citoyenne et d'ateliers d’éducation environnementale.
Alpes vivantes gère des projets dans le monde rurale, urbain et forestier en collaboration avec les acteurs locaux, les politiques et les habitants. La légitimité régionale de l’association est acquise grâce au soutien des communes d’Aigle, de Bex, d’Ollon, de Gryon, de Lavey-Morcles et de Leysin.

Comment mesurer durablement l’impact des bénévoles dans le cadre des actions réalisées par Alpes vivantes dans les Alpes vaudoises ?

Manuel d’atélier: Jean-Christophe Fallet, Alpes vivantes Secrétaire exécutif

W10: Formation et intervision des mentors – Multimondo (Bienne; fr)

MULTIMONDO est le centre de compétence pour l’intégration des personnes issues de la migration de la région Bienne – Seeland – Jura bernois. L’une de ses actions clés consiste à mettre en relation des personnes issues de la migration en recherche d’emploi (les mentees), avec des bénévoles ayant des ressources diverses qu’ils mettent à disposition (les mentors). Ces tandems jouent un rôle précieux dans l’insertion professionnelle des participant.e.s et représentent un fort engagement de la part des bénévoles. Pour favoriser un maximum les aspects collaboratifs entre mentees et mentors, Multimondo organise des rencontres mentors : où des formations et soirées partenaires sont proposées.

Malheureusement, on ne peut pas parler d’affluence lorsqu’on décrit la participation à ces rencontres ! Dès lors, l’intérêt est de comprendre comment former et encadrer les bénévoles sans les surcharger, tout en prenant en compte leurs besoins ? Mais savent-ils identifier les outils nécessaires à leur action ? Ainsi, comment investir cet engagement des bénévoles, tout en se souciant des éléments nécessaires à leur action ?

Manuel d’atélier: Yann, Walliser, co-directeur Multimondo

W11: Ensemble vers un événement réussi (fr)
Défis et enjeux lors du recrutement des bénévoles pour les manifestations sportives et culturelles.

Manuel d’atélier : Anne-Sophie Kupferschmied, Collaboratrice événementiel & communication Swiss Volunteers

W12 : Zur Rolle der Religion bei Freiwilligenarbeit in der Schweiz (de)
Workshop in Zusammenhang mit der 2023 erschienen Monografie «Religion und Sozialkapital in der Schweiz: Zum eigenwilligen Zusammenhang zwischen Religiosität, Engagement und Vertrauen (Politik und Religion)» (Open Access: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-41147-3)

Leitung: Dr. Anastas Odermatt, Religionssoziologe und Forschungsmitarbeiter ZRWP, Universität Luzern

14:15

Zusammenfassung der Workshops

14:30

Pause (30 min)

15:002. Reihe Workshops (gleiche Workshops, 2. Wahl)

15:45

Schluss-Diskussion

16:15

Schluss

16:45

(GV des Netzwerks bis 17:45)

Eckdaten zur vergangenen Veranstaltung

Thema
«Der Beitrag der Freiwilligenarbeit zur Kohäsion von Bundestaat und Gesellschaft»
Datum
Kontaktperson
Intermundo
Oliver Schneitter